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AutorenbildSusi

Sein - Dürfen - Gefühle


Diesen Gastbeitrag hat mir Ulrike Dauenhauer gesendet. Und ich freue mich, diesen schönen und kraftvollen Text von ihr mich euch zu teilen.

Er hat sie vor wenigen Monaten kennengelernt. Nein, wir haben sie kennengelernt. Diese Frau. Und er hat mit ihr Erotik erlebt. Das war schön. Für ihn. Für mich auch. Und für sie vermutlich auch, aber darüber haben wir nicht gesprochen.

Nun sind wir im Urlaub. Und er will danach zu ihr.




Langsam kommen seltsame Gedanken in mir auf. Wo kommen die her? Warum sind die da? Wir sind in Spanien, es ist schön, es ist entspannt, wir (also er und ich) genießen diese Zeit. Es geht uns gut. Und nun ist sie in meinem Kopf. Das stört mich.


Er und ich, wir sind ein Paar seit 22 Jahren. Immer offen gelebt. Er war bereits polyamor. Ich war verwirrt, verliebt - und lernbereit. Und inzwischen sind wir schon so lange ein Paar und kommen mit den verschiedenen Menschen, die wir unterschiedlich lieben, gut zurecht, leben polyamor und das sehr glücklich.


Eifersucht? Kein Thema mehr.


Dachte ich. Aber da sind diese Gedanken, und mir schwant, das ist Eifersucht. So ein Mist. Die will ich nicht! Da bin ich doch drüber raus! Das haben wir doch schon vor Jahren so viel diskutiert. Dafür gibt es doch keinen Grund mehr. Ich will dieses Gefühl nicht haben. Ich schaue weg. Es ist nicht da, das ist mein Beschluss! Ich kann das doch.

Die Eifersucht scheint da deutlich anderer Meinung zu sein. Je mehr ich sie ignoriere, desto deutlicher zeigt sie sich. Wir ringen. Sie gewinnt. War ja klar.


Ich fasse mir Mut, als wir gemeinsam durch die Stadt gehen und spreche ihn an: „Darf ich Dir was sagen?“ Er lächelt mich an, hat seinen Arm um meine Schulter gelegt und sagt: „Sicher.“ Also hole ich aus und sage ihm, was da in mir los ist. Er lächelt noch immer und sagt: „Das darfst Du mir sagen.“ Ein einfacher Satz, keine Frage warum, kein Vorwurf, nur ein schlichter Satz, dass ich das sagen darf. Zu ihm. Dann, nach einer kurzen Pause, fragt er noch: „Und jetzt?“ Ich antworte ihm, dass es nun schon leichter sei, weil ich das „doofe“ Gefühl nicht mehr wegdrücken muss. Das bestätigt er, mich immer noch liebevoll anlächelnd. So leicht kann es sein.


Mit diesem Wissen, dass es aus seiner Sicht da sein darf, dieses „doofe“ Gefühl, überlege ich weiter. Warum ist es da? Was genau stört mich? Aus der Vergangenheit weiß ich, dass genau dieses Gefühl mir immer sehr klar zeigt, wenn ich nicht gut für mich gesorgt habe. Also schaue ich, was denn da auf mich zu kommt an dem Wochenende, wo er zu ihr fahren will. Und tatsächlich, da sind Dinge, die mir eher wie Arbeit, schwierig, nicht durchgehend genussvoll erscheinen. Und für ihn sehe ich durch und durch Genuss am Wochenende.


Da liegt also das Problem. Und schon kommen Optionen in meinen Blick, was ich tun kann, damit mein Wochenende sich anders anfühlen wird, damit die Dinge, die ich erleben werde, mir auch genussvoll erscheinen und zwar schon im Vorfeld. Die Eifersucht lässt nach und verschwindet schließlich ganz. Ich erlebe ein schönes Wochenende.


Wochen später.


Ich denke an meinen Vater. Er starb vor 42 Jahren. Schon lange bin ich über seinen Tod hinweg. Dennoch kann es passieren, dass ich traurig werde, weil zum Beispiel Musik läuft, die mich an ihn erinnert. Das geschieht nicht oft, aber es kommt vor. Unangekündigt. Überraschend. Es vergeht. Und es darf sein. Noch nie bin ich auf die Idee gekommen, dass ich dieses Gefühl der Traurigkeit über seinen Tod nicht mehr haben dürfte. Wenn es kommt, nehme ich es wahr, lebe es, weine vielleicht und bin sanft, liebevoll und annehmend mit mir.


Warum mache ich da einen solchen Unterschied zwischen diesen Gefühlen? Warum bewerte ich sie? Warum erlaube ich mir die einen, während ich andere ablehne und unterdrücken will?


Alle meine Gefühle gehören zu mir und dürfen sein. Es gibt nichts, was ich nicht fühlen dürfte und wofür ich mich verurteilen müsste. Er hat es auch nicht getan. Das war schon so gut. Das half mir weiter. Ich muss nicht immer ausgeglichen sein und mich kompetent fühlen und auch so zeigen. Ich darf sein. Gefühle dürfen sein. Ich will sie sehen, wie sie sind. Und mich. Mit ihnen.

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