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Schwestern

Autorenbild: SusiSusi

Liebe Schwestern,

manchmal möchte ich euch hassen und meine Urteile über euch ausschütten. Urteile, die schon lange vor euch und vor mir selbst da waren. Urteile die noch lange nach uns da sein werden. Urteile von Frauen über Frauen.


Urteile über eure Zickigkeit, eure Schwäche, eure Schönheit, eure Unfähigkeit und viele mehr. Urteile, die ich oft genug auch über mich selbst habe.

In der Welt, in der ich aufgewachsen bin, seid ihr meine Konkurrentinnen. Ihr bedeutet Gefahr und Bedrohung. Ihr könntet gewinnen und ich verlieren.

Liebe Schwestern, Schwestern im Geiste,

ihr macht mir Angst, doch was ist eigentlich so bedrohlich an euch? Ach ja. Ihr liebt denselben Mann wie ich. Vielleicht tut ihr es noch nicht, aber allein die Möglichkeit reicht.

Ihr schaut ihn an und euer Herz wird warm. In seinen Armen fühlt ihr euch geborgen und beglückt. Die Gespräche mit ihm geben euch Erfüllung. In Auseinandersetzungen mit ihm lernt ihr viel über euch selbst. Ihr wollt mit ihm ein Stück des Weges gehen. Kann ich es euch verdenken? Wo ich doch dasselbe will?

Liebe Schwestern, geliebte Frauen,

wie ich habt ihr sein Herz berührt. Er, der soviel Liebe in sich trägt, kann vielleicht nicht anders, als uns alle zu lieben. Dafür ist er bereit, uns abwechselnd heulend, jammernd oder schmerzerfüllt im Arm zu halten. Manchmal auch mehrere zusammen. Manche werfen ihm vor, er sei ein Pascha, ein Jäger, ein Casanova. Dabei ist er vor allem ein Hüter. Ein Hüter der Liebe.

Wie kann ich euch anfeinden, weil der Mann, den ich liebe, euch liebt? Ergibt das irgendeinen Sinn, außer in der Welt des Konkurrenzdenkens?

Liebe Schwestern, Schwestern der Liebe,

manchmal schmerzt es mich sehr, ihn nicht für mich allein zu haben. Ich will, dass ihr das wisst. Ich bin noch nicht soweit, euch immer dasselbe gönnen zu können, was mich so glücklich macht.

Und dann gibt es so wundervolle Momente mit euch. Um euch zu wissen, euch zu begegnen, mit euch zu tanzen, zu reden. Zu wissen, dass ich jede von euch anrufen könnte, wenn ich es bräuchte und sobald ich über meinen Schatten springen kann. Den ich eh nicht mehr brauche.

Liebe Schwestern, ihr Hingebungsvollen,

danke, dass ihr ihm das gebt, was er braucht. So habe auch ich mehr von ihm.

Danke dass ihr mir zeigt, was ich fürchte. So kann ich heilen.

Danke für eure Solidarität. So kann ich lernen zu lieben. Bedingungslos.

Ihr zeigt mir, wie eine Welt ohne Konkurrenz aussehen könnte, ein Welt in der es keine Verlierer mehr gäbe.

Es ist so schön, eure Schwester zu sein.

Text: Susanne Große-Venhaus, liebens-lust.de Bild: unsplash, becca tappert

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