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  • AutorenbildSusi

Schamläuse

Scham.

Scham, was ist das eigentlich? Im Netz findet man eine Menge Erklärungen, mich trifft diese: "durch das Bewusstsein,.. versagt zu haben, durch das Gefühl, sich eine Blöße gegeben zu haben, ausgelöste quälende Empfindung"

Wenn ich hier so schreibe in meinem #ProjektSchamLos, dann lege ich den Focus auf die Stellen, wo ich die Scham überwunden habe. Scham, die mich auch gehemmt und festgehalten hat. Jetzt, ja jetzt bin ich diejenige, der das alles nichts mehr anhaben kann.

Und das ist nicht wahr. Scham ist immer noch ein starkes Gefühl in meinem Leben. Das hier jetzt zu schreiben z.B. fällt mir echt schwer.

Ich hatte kürzlich Kopfläuse (auch ein Scham-Thema), ich bin offensichtlich schon seit Wochen damit rumgerannt, mein Kopf juckte, nun, wahrscheinlich vertrug ich das Schampoo nicht. Mein Kopf juckte immer noch. Wahrscheinlich war es der Stress, das Jucken wurde schlimmer, breitete sich aus. Vielleicht liegt es an den Medikamenten?

Auf Kopfläuse kam ich solange nicht, bis Alarm aus meinem Umfeld kam.

Manchmal ist es so mit der Scham. Sie blockiert und lähmt das wahre Empfinden. Sie versteckt sich, sie nimmt dir den Atem, verursacht quälenden Empfindungen / emotionales Jucken an allen möglichen Stellen und doch zeigt sie sich oft nicht. Oder sie zeigt sich und man schiebt sie sofort zurück ins Versteck.

In bin mal einer Frau begegnet, die sprach immer darüber, wie sehr sich sich schämt, eigentlich für alles, was sie ist. Ich sah diese tolle Frau und verstand es nicht. Nein, Scham kannte ich in dem Ausmaß nicht. Glaubte ich.

Doch wie die Kopfläuse tat die Scham ihre Arbeit im Verborgenenen und sie verbreitete sich.

Wann betrat die erste Schamlaus eigentlich mein Leben? Ich nehme an, es war vor dieser hier, dennoch fange ich mit der hier an: Mein Busen wuchs sehr schnell, quasi über Nacht. Sprüche der Jungs. "Als Gott dich gefragt hat, ob die lieber viel Intelligenz oder viel Busen willst, hast du bei Busen ganz laut HIER geschrien".

Leider hatte ich keine Brustwarzen. Scham. Heute weiß ich, dass sie sich nur versteckt hatten, wie meine Scham. Sogenannte Schlupfwarzen, ein gar nicht so seltenes Phänomen.

Dann fing er an, zu hängen. Auch quasi über Nacht. Ich war noch nichtmal volljährig.

Während andere Mädchen sich vorm Turnen und Schwimmen frei und locker nackt in der Umkleide bewegten, hatte ich nun zwei Sorgen. 1. Niemand durfte meinen Busen sehen. 2. Niemand durfte bemerken, dass ich ihn versteckte.

"Scham: durch das Bewußtsein versagt zu haben, ausgelöste quälende Empfindung"

Hatte ich versagt? Nicht wirklich, ich hab mir den Körper ja eben nicht bei Gott so bestellt. Und doch, ich stand nicht zu ihm. Und ich stand nicht zu meiner Scham. So sehr nicht, dass ich damals Mitleid mit dieser Frau hatte, glaubend, ich kenne sowas nicht.

Die Scham lebte weiter im Verborgenen, sie legte ihre Eier und mir fehlte der Nissenkamm.

Die Jungs, die mir ja schon früh von ihrer Busenfixiertheit erzählt hatten, sie durften nicht ran an meinen Busen. Im Knutschen war ich gut, im klaren Verhindern von Busenbegrabschen ebenso.

Ich hatte zwei Sorgen: 1. Die Jungs wollen mich nur wegen meines Busens. 2. Wenn sie den dann aber zu sehen bekommen, werden sie schreiend davon laufen, weil der so häßlich ist.

Und die legten Eier und so wurden es mehr: 3. Niemand durfte meinen Busen berühren 4. Niemand durfte bemerken, dass ich Angst habe, er würde meinen Busen berühren.

All das hier zu schreiben, fällt mir bis heute schwer.

Gebe ich mir eine Blöße, wenn ich es tue? Ja, schon. Und hier ist mein Warum. Warum tue ich was ich tue, warum schreibe ich über diese Themen, warum möchte ich Frauen begleiten, die ebenfalls noch irgendwo in ihre Scham so elend festhängen. Weil es überlebensnotwendig ist. Weil es überl(i)ebensnotwendig ist. Für mich.

Hast du eine Vorstellung davon, wie sich Sexualität entwickelt, wenn du beim Fortschreiten der Zärtlichkeiten nach dem Küssen versuchst, den nächsten Schritt quasi ersatzlos auszusparen?

Für heute gibt es hier kein Happy End in dieser Story. Ich war verhaftet in der Scham, ja die Sexualität entwickelte sich ungeachtet dessen und doch, war es wie mit einem Deckel drauf. Der Schamdeckel er saß fest. So sehr, dass ich es nichtmal ahnte.

Irgendwann kam der Alarm aus meinen Umfeld. Ich, die wohl sowas wie eine begehrenswerte Frau ist, wurde nicht mehr begehrt.

Und was machte ich daraus? Oh, da hatte ich wohl versagt. Scham.

Und doch, die Erkenntnis sickerte durch, die Qual wurde zu groß, um sie weiter zu ignorieren. Ich fing an, mir die Nissen auszukämmen. Mit The Work. Davon erzähle ich dann morgen weiter.

Hängst (oder hingst) du auch in einem Schamthema fest? Welche perfiden Methoden hast du verwendet, um dich immer besser damit zu verstecken? Und wie fühlst du dich damit? Magst du mir davon schreiben? Gerne auch anonym per Mail.

Bild: Unsplash

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