Ich setzte den Fuss in die Luft und sie trug. (Hilde Domin) Knarzend und völlig überraschend hat sie sich geöffnet.
Diese schwere alte Tür. Die Tür vor der sie solange gestanden hat. Sie hat es mit Klopfen und Wispern versucht, diverse Schlüssel ausprobiert, ja sie hat sogar schon versucht, sie einzuschlagen. Sie hat wütend gegen die Tür gehämmert und sich manchmal frustriert weg gedreht und nach anderen Türen gesucht..
Und nun - vermeintlich ohne ihr Zutun - hat sich die Tür einen kleinen Spalt geöffnet. Einfach so. Fast unmerklich ist das passiert.
Und natürlich war es eben doch nicht einfach so. Sie hatte gelernt, viel gelernt, erfahren, gelebt und immer wieder untersucht (u.a. mit The Work), Komfortzonen ausgedehnt, sich getraut.
Ihre letzter erfolgloser Öffnungsversuch war sehr schmerzhaft gewesen und sie hatte sich gefragt, ob sie überhaupt jemals wieder einen Versuch wagen wollte. Sie hatte sich damit angefreundet, dort zu sein, wo sie gerade ist und nicht mehr nach dem vermeintlich großen Glück hinter dieser Tür zu lauern.
Und nun ist da dieser Spalt in der Tür und das Licht scheint hindurch. Sie steht noch etwas unschlüssig da und reibt sich die Augen. Kann das wirklich wahr sein? Und ist es echt? Was, wenn sie wagt, ihren Fuß in die Tür zu setzen und auf einmal fällt die dann wieder ins Schloß und zertrümmert ihren Fuß?
Sie wagt einen Blick auf die andere Seite der Tür. Sie spürt, während ihr Zweifel und ihre Verunsicherung sie noch auf dieser Seite der Tür festhalten, ist ihr Herz schon leichten Schrittes hinübergehüpft. Und was sie da sieht, ist fremd, anders als erwartet und doch wunderschön.
Dies ist erst der Anfang von etwas, von dem sie keinerlei Ahnung hat, wohin es sie führen wird. Sie weiß nur, hier ist sie richtig! Sie nimmt den Zweifel und die Unsicherheit nun mit. Sanft, wird sie sie hindurchführen durch die Tür, nicht ohne vorher dankbar Abschied genommen zu haben, von allem, was vor der Tür war.
Sie blickt zurück. Sie sieht die Schönheit dessen was hier war und ist. Des Ortes, wo ihre Träume vermeintlich noch nicht erfüllt waren und sie doch genau das Leben gelebt hat, dass sie hatte leben wollen. All der Hader und das Lauern vor der Tür waren nur Ablenkungsmanöver.
Das Hindurchschreiten durch die Tür macht ihr jetzt ein bißchen Angst. Weiß sie doch nicht, was sich wirklich dahinter verbigt, noch hinter den weiteren Türen, die noch auf dem Weg folgen werden.
Und sie ist bereit.
Jetzt.
Sie spürt, sie ist richtig.
Jetzt.
Deshalb steht die Tür auf.
Jetzt.
Sie hebt den Fuß in die Luft.
Jetzt.
Und sie weiß, sie wird getragen werden.
Text: Susanne Große-Venhaus, www.liebens-lust.de Foto: pixabay
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